Die Kriegspolitiker treffen sich, und die Bevölkerung muss den Ausnahmezustand aushalten. Die grundgesetzlich verbürgten Freiheitsrechte werden ausgesetzt, wenn sich Bundeskanzlerin Angela Merkel morgen mit US-Präsident George W. Bush in Stralsund trifft. Die völlig überzogenen Sicherheitsmaßnahmen mit dem Einsatz von 12500 Polizisten sollen sicherstellen, dass jeglicher Protest unterdrückt wird.
Ich halte es für dreist, wie willkürlich die Bundesregierung hier mit den Grundrechten umspringt. Die Einwohner von Stralsund werden dazu gezwungen, beim Ausbau ihrer Stadt zur Protokollstrecke mitzumachen. Kein Fenster darf geöffnet werden, die Demonstration muss weit außerhalb stattfinden – damit Bush und Merkel nicht erleben müssen, was die Bevölkerung von ihrem Kriegskurs hält. Was die Regierung da aufbaut, ist die Illusion einer stabilen Heimatfront.
Dabei führt die Bundeswehr erneut einen als „Amtshilfe“ deklarierten Inlandseinsatz durch. Wie viele Soldaten zu welchem Zweck eingesetzt werden, legt die Regierung nicht offen. Ich werde deshalb eine Kleine Anfrage im Bundestag einbringen.
Es gibt Hunderte von guten Gründen, gegen Bush zu demonstrieren, und genau so viele Gründe, gegen die Bundesregierung zu demonstrieren. Beide setzen in ihrer Außenpolitik offen auf Krieg, und Folter ist beiden vertraut – sei es in Guantánamo, wo die US-Militärs foltern und der BND die erpressten Aussagen abfragt, sei es beim alltäglichen Umgang mit Flüchtlingen. Erst gestern wurde die Bundesregierung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt, weil ein Flüchtling zwangsweise Brechmittel schlucken musste – die Richter werten dies als Folter.
Ich werde morgen wie Tausende andere Menschen aus der Friedensbewegung, darunter auch mehrere meiner Abgeordnetenkolleginnen und –kollegen, an der Demonstration in Stralsund teilnehmen – gegen Kriegstreiberei und die Abschaffung von Grundrechten.