Im Wiederholungsfall droht ihm eine Geldstrafe von 3000 Euro. Das Vorgehen könnte eine Präzedenzwirkung entfalten, die Proteste gegen weitere rechte Demonstrationen behindert.
Wenn deutsche Gerichte »politische Straftaten« verfolgen, wird es kompliziert: Dem Antifaschisten Wolfgang Huste wirft das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler vor, »in der Zeit vom 25.8.2011 bis 31.8.2011 in Bad Neuenahr-Ahrweier vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat (…) Hilfe geleistet zu haben«. Die vermeintliche Straftat bestand in der »öffentlichen Aufforderung zu einer groben Störung einer nicht verbotenen Versammlung«, nämlich der Neonazidemo. Huste hatte auf seiner Homepage einen Link zum Netzwerk »Alerta« gesetzt. Dort wiederum war aus dem Aufruf des Bündnisses »Dortmund stellt sich quer« zitiert worden.
Am Ende des Textes wurde dazu aufgefordert, »den Aufmarsch der Neofaschisten am 3. September durch gewaltfreie Blockaden entschlossen zu verhindern«. Polizei und Justiz in Dortmund waren bisher nicht willens bzw. in der Lage, den alljährlichen Veranstaltungen der Neonazis rund um den Antikriegstag ein Ende zu bereiten. Während die rechte Demonstration legal war, betrachteten die Behörden Blockadeversuche von Nazigegnern als Rechtsbruch. Folgerichtig ging die Polizei am 3. September 2011 mit Wasserwerfern und Tränengas gegen zirka 10000 Demonstranten vor, während die ungefähr 700 Rechten marschieren konnten.
Dieses »Demokratieverständnis« liegt denn auch dem Vorgehen der Justiz gegen Huste zugrunde. Als belastendes Moment führt das Gericht an, Huste habe dem verlinkten Text noch den Kommentar vorangestellt, man solle gemeinsam daran arbeiten, eine antifaschistische Tradition zu etablieren. Damit habe er »zum Ausdruck gebracht«, daß er Blockaden »als geeignetes Mittel der Widerstandsleistung« ansehe.
Bislang hat sich kein anderes Gericht so energisch gegen Antifaschisten gestellt wie das in Bad Neuenahr, und das, obwohl Huste keineswegs »Haupttäter« ist. Anders als er haben weder die Verantwortlichen der Homepage »Dortmund stellt sich quer« noch jene Aktivisten und Politiker, die den Aufruf unterschrieben haben, Post vom Staatsanwalt bekommen.
Entweder handelt es sich bei der Verwarnung gegen Huste um einen Testballon für ein größer angelegtes Vorgehen gegen andere Antifaschisten, oder die Richter in Bad Neuenahr sind »nur« besonders reaktionär. Aber nicht einmal sie können eine besondere Schwere der Tat nachweisen: Der Strafbefehl sieht zwar ein Bußgeld von 30 Tagessätzen à 100 Euro, also 3000 Euro, vor, ist aber für ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt. Allerdings wird der nächste Neonaziaufmarsch wohl nicht zwölf Monate auf sich warten lassen. Wenn Huste es sich nicht verkneift, gegen den nächsten »Nationalen Antikriegstag« mit zu mobilisieren, könnte es für ihn richtig teuer werden. Um Rechtsklarheit zu bekommen, und weil er in der »Verwarnung« einen Einschüchterungsversuch sieht, hat Huste jedoch gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt. Darüber soll am 28. Juni verhandelt werden.