„Flüchtlinge aus dem Libanon sofort aufnehmen“
Rede am Samstag, 29. Juli (Demonstration in Berlin)
Von Ulla Jelpke
Liebe Freundinnen und Freunde,
Die israelische Armee vernichtet planmäßig den Libanon – Brücken werden zerbombt, die Wasserversorgung zerstört, Kraftwerke in die Luft gesprengt. Bomben fallen auf Wohnviertel, selbst Konvois mit dem Rote-Kreuz-Zeichen werden mit Raketen in die Luft gejagt – hunderte Libanesinnen und Libanesen, darunter viele Kinder, wurden bisher von Maschinengewehrgarben, Bomben und Raketensplittern zerfetzt. Israelische Soldaten schrecken nicht einmal davor zurück, Waisenhäuser und Kinderheime zu bombardieren.
Etwa eine Million Menschen sind auf der Flucht vor dieser Armee, die ihren Angriff auf das Nachbarland in Abstimmung mit den USA planmäßig vorbereitet hat. Lassen wir uns nicht von der Propagandalüge blenden, Israel gehe es um die Befreiung von zwei Soldaten, die die Hisbollah gefangen genommen hat! Mit dieser menschenverachtenden Barbarei verlassen die israelische Regierung und die Militärspitze den Konsens der zivilisierten Staatengemeinschaft.
Wer zu diesen Verbrechen schweigt, macht sich mitschuldig. Wer angesichts dieser Massaker und angesichts dieser sinnlosen Zerstörungswut noch einen Hauch von Verständnis für die israelische Politik aufbringt, macht sich zum Mittäter, zum Komplizen von Mord und Terror.
Daß die US-Regierung keine moralischen Probleme hat, massenweise Menschen umzubringen, wissen wir nicht erst seit dem Afghanistan- oder dem Irakkrieg. Aber dass auch die deutsche Bundesregierung bisher nicht ein Wort der Verurteilung dieser Barbarei gefunden hat, zeigt, dass Merkel, Müntefering & Co zu Menschenrechten, zu Humanität und Menschlichkeit bestenfalls ein instrumentelles Verhältnis haben. Diese Regierung hat sich mit ihrer nachsichtigen Billigung des israelischen Krieges mitschuldig gemacht!
Von einer Bundeskanzlerin, die einer angeblich christlichen Partei angehört, sollte man zumindest Sensibilität gegenüber den Opfern erwarten – aber auch danach kann man lange suchen. Offenbar ist die Furcht, Flüchtlinge könnten nach Deutschland oder nach Europa kommen, die einzige Sorge, die diese Dame und ihre Auftraggeber in den Vorstandsetagen der Großkonzerne bewegt.
Diesen Flüchtlingen muss geholfen werden, und zwar sofort!
Doch die Herrschenden in der EU sind wieder einmal erbarmungslos. Sie wollen, dass die Flüchtlinge „heimatnah’“ untergebracht werden. Im Klartext heißt das: Die Festung Europa soll auf jeden Fall dicht und abgeschottet bleiben, egal wie viele Menschen im Libanon unter den Trümmern ihrer Häuser begraben werden.
Diese Position ist unhaltbar und inhuman!
Die reichen EU-Staaten sind durchaus in der Lage, Flüchtlinge rasch in Sicherheit zu bringen. Für ihre eigenen Staatsbürger haben sie sofort Flugzeuge und Schiffe eingesetzt, da wurden sofort sichere Flug- und Schiffs-Korridore eingerichtet. Aber was mit den Libanesen passiert, das ist den Politikern in Brüssel und Berlin egal. Sie können nicht verhindern, dass bislang rund Hunderttausend Flüchtlinge auf Zypern ankamen. Aber sie üben massiven Druck auf die zyprische Regierung aus, diese Flüchtlinge auf keinen Fall weiterreisen zu lassen.
Ein kleines Land wie Zypern kann so viele Flüchtlinge, die in so kurzer Zeit ankommen, nicht menschenwürdig unterbringen. Deswegen müssen die anderen EU-Staaten sofort ihre Hilfe anbieten und auch Flüchtlinge aufnehmen.
Ich fordere alle auf: Setzt Euch dafür ein, dass die Grenzen für diese und andere Flüchtlinge geöffnet werden.
Liebe Freundinnen und Freunde,
Im Ausland hat niemand gefordert, dass die Bundeswehr sich an einer UNO-Truppe im Libanon beteiligen soll. Diese Diskussion ist im Inland entstanden, Bundeswehrgeneräle und neoliberale Politiker haben sie entfacht. Das zeigt eins: Bosnien, Kosovo, Afghanistan und der Kongo reichen den deutschen Imperialisten nicht, sie wollen mehr. Sie wollen noch energischer als bisher mit militärischen Mitteln in die Politik eingreifen. Das ganze wird mit dem sprachlichen Nebelwerfer „historische Verantwortung Deutschlands“ begründet – in Wirklichkeit geht es darum, international Einfluß zu gewinnen, auf Rohstoffversorgung und Absatzmärkte.
Dazu sage ich nur eins: Deutsche Soldaten haben im Ausland grundsätzlich nichts verloren! Die Forderung, deutsche Soldaten in Nahost einzusetzen, wird damit begründet, daß sie die Konfliktparteien auseinanderhalten sollten. Auch das ist eine sprachliche Vernebelung: Deutsche Soldaten im Libanon wären keine unparteiischen Friedensstifter, sondern Komplizen der israelischen Armee!
Anstatt die Festung Europa weiter zu perfektionieren und auch auf diese Krise wieder nur militärisch zu reagieren, sollte die Bundesregierung endlich einmal humanitäre Maßnahmen durchführen. Ich sage es noch einmal:
Wir fordern, den Menschen aus dem Libanon zu helfen! Wir fordern von der Bundesregierung, sich sofort für eine Beendigung dieses barbarischen Krieges einzusetzen und die Grenzen für die Flüchtlinge zu öffnen!