Solange der Bund der Vertriebenen und das maßgeblich von ihm getragene Zentrum gegen Vertreibungen an ihrem eingeschränkten Blick auf die Vergangenheit und ihrer fordernden Politik gegenüber den östlichen Nachbarn Deutschlands festhalten, sind sie ungeeignet, Träger der Erinnerung an Flucht und Vertreibung zu sein.
In der noch heute gültigen Charta der Heimatvertriebenen heißt es: „Die Völker der Welt sollen ihre Mitverantwortung am Schicksal der Heimatvertriebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen empfinden.“ Nicht die Opfer der faschistischen Mordmaschinerie, sondern die Vertriebenen werden hier als die Hauptopfer dieser Zeit dargestellt. Ein so einseitiger Blick auf die erste Jahrhunderthälfte macht den Bund der Vertriebenen zu einem ungeeigneten Träger der Erinnerung an diese Zeit.
Vertreibung und Ausgrenzung werden vom BdV nicht als Verletzung individueller Rechte, sondern als Verletzung von „Volksgruppenrechten“ gesehen. Menschen werden mit einer solchen Sichtweise auf ihre Herkunft, ihre „Volksgruppe“ reduziert. Eine solche Sicht und die daraus abgeleitete Forderung nach Volksgruppenrechten ist fatal für das Europa des 21. Jahrhunderts. Gefördert wird so die ethnische Segmentierung Europas, verbunden mit unabsehbaren Folgen.
Flucht und Vertreibung gehören zu den schrecklichen Gewalterfahrungen des 20. Jahrhunderts und sind auch heute noch allgegenwärtig. An sie zu erinnern ist wichtig und richtig. Die vom BdV und dem Zentrum gegen Vertreibungen betriebene Geschichtspolitik zielt jedoch darauf den Eindruck zu erwecken, der Krieg und seine Folgen hätten vor allem die Deutschen zu Opfern gemacht. Konkrete Täter und Mitläufer des deutschen Faschismus auch in den ehemaligen osteuropäischen deutschen Siedlungsgebieten verschwinden in dieser emotionalisierten Sichtweise. Eine solche Geschichtssicht lehne ich ab, sie verhöhnt die Opfer deutscher Gewaltpolitik in der Zeit des Faschismus.