„Die Mitgliedstaaten mit den restriktivsten Regelungen bei der Inhaftierung Asylsuchender haben den Takt bei der Abfassung der Aufnahmerichtlinie vorgegeben. In zwölf von 26 EU-Staaten gibt es derzeit Regelungen, die eine Inhaftierung während des noch laufenden Asylverfahrens ermöglichen. Diese Minderheit von Staaten hat sich in den Verhandlungen durchgesetzt. Ihre Regeln werden die künftige EU-Norm im Umgang mit Schutzsuchenden sein.
Das wirft ein Schlaglicht auf die Bemühungen der EU-Kommission, das Asylrecht zu harmonisieren. Statt deutlich höhere Standards zu setzen, wird der niedrigste Standard zum Gemeingut erklärt. Rechtspopulistische Parteien quer durch den Kontinent können sich dadurch künftig auf EU-Recht berufen, wenn sie für einen härteren Umgang mit Asylsuchenden trommeln. Die EU bezeichnet sich selbst als Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts. Doch jene, die vor Unsicherheit und Unrecht fliehen, werden in der EU leichtfertig ihrer Freiheit beraubt, als handele es sich um rechtlose Kriminelle. Das Europäische Parlament darf diesem schäbigen und menschenrechtswidrigen Umgang mit Schutzsuchenden auf keinen Fall zustimmen!
Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung dieser Richtlinie überhaupt zugestimmt hat. Denn auch nach ihrer Auffassung sind einige der vorgesehenen Inhaftierungsmöglichkeiten mit den Vorgaben des Völker- und Verfassungsrechts nicht vereinbar. Ihre Zusicherung, hiervon keinen Gebrauch machen zu wollen, ist nichts wert, denn sie bindet nachfolgende Regierungen in keiner Weise. Zusammen mit dem Europäischen Parlament sollte sie sich vielmehr in den Abschlussverhandlungen zum Asylpaket für die Sicherheit, die Freiheit und das Recht von Asylsuchenden in der EU einsetzen.“
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