Der Bundestag wird heute darüber abstimmen, ob er beim Bundesverfassungsgericht einen eigenen Antrag für ein Verbot der faschistischen NPD stellen wird. Ein entsprechendes Anliegen haben SPD und Linksfraktion formuliert.
Das – wegen Verfassungsschutzspitzeln auch in den Führungsgremien der faschistischen Partei im Jahr 2003 gescheiterte – erste NPD-Verbotsverfahren war noch gemeinsam von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung auf den Weg gebracht worden. Eine solche Geschlossenheit besteht diesmal nicht. Zwar hatte der Bundesrat bereits im Dezember vergangenen Jahres beschlossen, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Doch der einem Verbot immer schon skeptisch gegenüberstehende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat einen Antrag der Bundesregierung bereits im März ausgeschlossen, da der Koalitionspartner FDP ein NPD-Verbot ablehnt.
Nach der SPD hat auch die Linksfraktion einen Antrag für ein NPD-Verbot eingebracht. Eine eigene Vorlage sei dem antifaschistischen Selbstverständnis der Partei geschuldet und ergebe sich aus dem Parteiprogramm und dem Bundestagswahlprogramm der Linken, in dem ein Verbot aller faschistischen Organisationen gefordert wird, erklärte die Fraktion in einer Presseerklärung.
In ihrem Papier drängt die Linksfraktion auf die Herstellung größter Transparenz über das einem Verbotsantrag zugrundeliegende Material und dessen Beschaffung. So sollen alle Abgeordneten die Möglichkeit erhalten, das Material zu prüfen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Verbotsverfahren durch weitere Belege der Verfassungswidrigkeit der NPD zu unterstützen. Es gebe zwar keine Garantie, daß ein Verbotsverfahren erfolgreich ist. Doch selbst angesichts eines unsicheren Ausgangs wäre ein klares Votum der Abgeordneten für einen eigenen Verbotsantrag des Bundestages ein Signal zur Ächtung des Neofaschismus, so die Linksfraktion.
Zwar befürworte seine Fraktion ein NPD-Verbot, erklärte der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck. Bei der Abstimmung im Bundestag wollen sich die Grünen allerdings enthalten, da Zweifel an den Erfolgsaussichten bestehen. Der SPD warf Beck vor, mit ihrem Antrag eine für ein Verbot sogar kontraproduktive »reine Bekenntnisdebatte« angestoßen zu haben.
Es wird eine namentliche Abstimmung geben. Mit einer Mehrheit für einen eigenen Verbotsantrag des Bundestages ist aber angesichts der in der Fraktionsversammlung von CDU/CSU erfolgten einstimmigen Ablehnung nicht zu rechnen. »Wir haben es mit einer sterbenden Partei zu tun«, wurde der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU) bezüglich der NPD aus der Fraktionssitzung zitiert. So seien von 23000 Rechtsextremisten weniger als 6000 in der NPD organisiert. Die Regierungsfraktionen haben ein Papier »Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen« vorgelegt. Dabei handelt es sich um eine windelweiche Allerweltsresolution, in der Union und FDP in aufgeblähter Eitelkeit ihre Regierungsarbeit loben. So wird darin anstelle eines Verbotsantrages »Bildung als Beitrag zur Sensibilisierung für Extremismus« sowie – als angebliche Lehre aus dem NSU-Skandal – eine »Neuausrichtung« des Verfassungsschutzes durch engere Vernetzung von Bundes- und Landesämtern des Geheimdienstes gefordert.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich enttäuscht über die Haltung der Regierungsfraktionen. Während Neonazis in vielen Landstrichen dank staatlicher Parteienfinanzierung als »rechte Rattenfänger« präsent seien, habe die Regierung bislang keine überzeugenden Konzepte zur Bekämpfung der NPD vorlegen können, beklagte Zentralratspräsident Dieter Graumann gegenüber der Wochenzeitung Jüdische Allgemeine vom Donnerstag.
erschien in junge Welt 25.4.2013