Der Abschlußbericht des NSU-Untersuchungsausschusses, der sich auch mit der Verantwortung der Sicherheitsbehörden für die Terrorserie des NSU beschäftigt, braucht nach Ansicht von Hans-Peter Friedrich (CSU) offenbar nicht abgewartet zu werden. Ist die Nervosität bei den Schnüfflern so groß, daß sie ihre Strukturreform in aller Eile durchpeitschen wollen, ohne der Öffentlichkeit und dem Parlament Zeit für eine gründliche Auswertung zu lassen?
Es hat jedenfalls nicht so geklappt wie erwartet: Die Länderinnenminister haben Friedrichs Entwurf abgelehnt. Der hatte nicht nur einen besseren Informationsfluß zwischen Landes- und Bundesämtern vorgesehen, sondern auch die Stärkung der Zentrale. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sollte gegen gewalttätige Verfassungsfeinde auch ohne Zustimmung der Länder in deren Zuständigkeitsbereich arbeiten dürfen. Die wollen aber keine »Megabehörde in Berlin haben, die anordnet, wie die Landessicherheitsbehörden zu arbeiten haben«, begründete Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger seine Ablehnung.
Es ist ein Streit, der an den wirklich wichtigen Fragen vorbeigeht. Es geht um Einfluß und Status: Bundesschnüffler und Landesschnüffler liegen sich in den Haaren, was die Abgrenzungen ihrer Reviere angeht. »Wir wollen keine Bundesschnüffler, weil wir lieber selber schnüffeln«, läßt sich die Länderhaltung auf den Punkt bringen.
Aufschlußreich ist, woran nicht gerüttelt wird. So sollen weiterhin V-Leute eingesetzt werden. Und hier einigten sich die Minister auf bessere Zusammenarbeit und überarbeitete Standards. Ein V-Leute-Register soll vermeiden, daß Bundes- und Landesspitzel sich in der gleichen Nazizelle Konkurrenz machen. Das hat etwas damit zu tun, die Spitzel ökonomischer einzusetzen, aber das bedeutet leider überhaupt nicht, den Kampf gegen Nazis wirksamer zu führen. Eher im Gegenteil: Es ist bekannt, daß es gerade die V-Leute von Bund und Ländern waren, die über Jahre hinweg bei Aufbau und Existenzsicherung des Naziterrornetzwerks geholfen haben. Die Ämter haben dafür Geld und Schutz vor polizeilichem Zugriff gewährt. Davon profitiert haben nur die Nazis – dennoch steht dieses System nicht zur Disposition.
Der Verfassungsschutz hat durch das partielle Auffliegen seiner Kollaboration mit Naziverbrechern eine Niederlage erlitten und befindet sich in der Krise. Das nutzen einige seiner Akteure, um die Machtbefugnisse im Apparat neu zu sortieren. Am demokratiefeindlichen Vereinszweck ändert das nichts.