Wolfgang Schäuble erweist sich als Meister der Doppelmoral: Während er an die USA appelliert, im „Antiterrorkampf“ die Grundrechte nicht außer Kraft zu setzen, will er in Deutschland ein Grundrecht nach dem anderen einschränken. Der Innenminister disqualifiziert sich mit jeder weiteren Äußerung weiter als „Hüter der Verfassung“, der er qua Amt sein sollte, und entwickelt sich stattdessen immer mehr zum Sicherheitsrisiko für Bürgerrechte.
So fordert er wieder einmal den Einsatz der Bundeswehr im Innern. Er stellt fest, dass die Bundeswehr auch schon in anderen Ländern der Welt Polizeiaufgaben wahrnimmt. Die Frage, die er daran anschließt, ist demagogisch: wieso sollte das nicht auch in Deutschland möglich sein? Die Antwort ist einfach: Weil das Grundgesetz aus guten Gründen die Trennung von Polizei und Armee vorsieht. Die Bundeswehr ist auch gar nicht in der Lage, Aufgaben der Polizei wahrzunehmen. Das hat ihr Versagen im Kosovo beim Schutz serbischer Siedlungen gezeigt. Zur Abwehr von Terroranschlägen, die schnell und überraschend erfolgen, ist ein langsamer und schwerfälliger Apparat wie eine Armee schon gar nicht in der Lage.
Doch Schäuble geht es um etwas ganz anderes. Vom Einsatz der Bundeswehr im Innern träumte er schon, als noch niemand von „Al Quaida“ wusste. Er will die Bundeswehr als ständige Reserve der Polizei.
Völlig abseitig ist Schäubles Äußerung, die Auseinandersetzung um Videoüberwachung sei „eine alberne Debatte“. Damit gibt er gerade diejenigen der Lächerlichkeit preis, denen Grundrechte ein hohes Gut sind und die sich um deren Erhalt bemühen. Er sagt nicht weniger, als dass die Besorgnis von Bürgerinnen und Bürgern über den Abbau von Grundrechten albern ist. Mit anderen Worten: der Hüter der Verfassung findet den Schutz der Verfassung „albern“.