Die Familienministerin reagiert auf einen aktuellen Druck. Es wäre allzu dreist, unmittelbar nach den Wahlerfolgen für die neofaschistische NPD die Programme gegen Rechts auslaufen zu lassen. Ein halbes Jahr später, so mag die Ministerin kalkulieren, ist das Interesse der Gesellschaft an der Auseinandersetzung mit den Nazis gesunken. Dann empört sich niemand mehr, wenn die antifaschistischen Initiativen ihre Mitarbeiter entlassen müssen.
Die Bundesregierung will weiterhin eine generelle Neuausschreibung der Programme vornehmen. Das bedeutet zwangsläufig, dass bewährte Initiativen keine Planungssicherheit haben und Kompetenzen unnötig aufgegeben werden. Mit einem halben Jahr Verlängerung ist das grundsätzliche Problem daher nicht gelöst.
Außerdem ist es verfehlt, in Zukunft die Kommunen statt privater Initiativen zu Trägern der Programme zu machen. In zahlreichen Städten sind es gerade die örtlichen Amtsträger, die nicht wahrhaben wollen, wie verbreitet die rechtsextreme Szene ist. Bekanntlich hat der Bürgermeister des sachsen-anhaltinischen Pretzien seelenruhig dabei zugesehen, wie Rechtsextremisten bei einem Dorffest das Tagebuch der Anne Frank verbrannt haben.
Es spricht nichts dagegen, im Kampf gegen Neofaschismus neue Wege zu versuchen. Das darf aber nicht auf Kosten bewährter Programme gehen. Es reicht auch nicht aus, den jetzigen Etat von 19 Millionen Euro nicht zu senken. Notwendig ist dreierlei: Den Etat ausweiten, die Programme dauerhaft im Haushalt verankern und sie auf den Westen Deutschlands ausweiten, wo der Neofaschismus ebenfalls schon in erschreckendem Ausmaß verankert ist.