Das Bundesinnenministerium übernimmt die Wortwahl der türkischen Regierung: In einem Bericht an den Innenausschuss des Bundestags behauptet es ernsthaft, die kurdische PKK sei genauso schlimm wie die Terrormiliz »Islamischer Staat«.
Über PKK-Anhänger, die aus Deutschland nach Syrien ziehen, um gegen den IS zu kämpfen, heißt es: »Das Gefährdungspotential, das von dieser Personengruppe ausgeht, ist quantitativ zwar geringer, qualitativ aber nicht anders zu bewerten als das der dschihadistischen Syrien-Kämpfer.« Mit anderen Worten: Von den PKK-Kämpfern seien die gleichen Greueltaten zu erwarten wie von den IS-Banditen.
Eine Begründung für diese Bewertung fehlt zwangsläufig, weil auch in der Phase der heftigsten militärischen Auseinandersetzungen der PKK mit der türkischen Armee Verbrechen wie Kopfabschneiden, Entführungen und Vergewaltigungen von Frauen niemals zu den »Kampfmethoden« zählten, genauso wenig wie Selbstmordattentate auf Zivilisten. Auch haben nach Deutschland geflohene PKK-Kämpfer niemals hier Attentate verübt – während IS und Kumpane damit nicht nur einmal gedroht haben. »Der Bericht dient dem Zweck, das Festhalten am PKK-Verbot zu begründen. Dabei fehlt jedes Augenmaß«, kritisierte die Linksfraktion am Dienstag in einer Presseerklärung.
Ausführlich beschäftigt sich der Bericht mit der beachtlichen Kampagnenfähigkeit der PKK. Das Mitglieder- und Anhängerpotential wird auf 14.000 Personen beziffert, dazu komme ein »kurzfristig mobilisierbares weiteres Potential von mindestens 50.000 Personen.« Ohne konkrete Zahlen zu nennen, wird ausgeführt, die PKK bemühe sich »zunehmend erfolgreich« darum, in Deutschland Kämpfer für Syrien zu rekrutieren. Ansonsten sprechen auch die Fakten des Berichts gegen ein Festhalten am Verbot: So wird festgestellt, dass die PKK in Deutschland schon seit 1996 auf friedliche Mittel setze. Auch die mehr als 120 Demonstrationen, die es allein in den letzten beiden Wochen gab, seien »überwiegend störungsfrei« verlaufen. Letztlich bleibt es beim Vorwurf mangelnder »Akzeptanz« des PKK-Verbotes: »Über 100 verurteilte PKK-Funktionäre seit 1996 und mehr als 4.500 Strafverfahren mit PKK-Bezug seit 2004 sprechen für sich«, heißt es in dem Papier. Die meisten Strafverfahren beziehen sich allerdings auf Verstöße gegen das Vereins- oder Versammlungsgesetz. Die Anhänger der PKK kämpfen friedlich für ihre Legalisierung, und das Innenministerium konstruiert daraus in einem Zirkelschluss eine Begründung, am Verbot festzuhalten.
Die PKK habe ihre Anhänger »in der Hand hat«, so das Ministerium. »Sie wäre damit auch in der Lage, diese Anhängerschaft für andere als störungsfreie Proteste in der Fläche zu mobilisieren.« Sie tut das zwar nicht, könnte aber, wenn sie wollte – mit solchen Spekulationen begründet das Ministerium, das PKK-Verbot bleibe »ein unverzichtbares Regulativ der Gefahrenabwehr.« Die Linksfraktion sieht im Verbot eher eine kontraproduktive Diffamierungskampagne gegen Kurden, die gegen die IS-Banden kämpfen, und hat den Bericht auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Innenausschusses gesetzt.