» Bleiberecht jetzt!« – unter diesem Motto demonstrierten verschiedene Flüchtlingsorganisationen am Freitag nachmittag vor dem Bundesinnenministerium (BMI) in Berlin-Moabit. Seit langem kämpfen das Aktionsprogramm »Hier Geblieben!« und die Jugendlichen ohne Grenzen gemeinsam mit dem GRIPS-Theater Berlin, Flüchtlingsräten, Schulen, Kinder- und Jugendorganisationen, Kirchen, Gewerkschaften, antirassistischen Gruppen und unzähligen lokalen Bündnissen von Flüchtlingen und Bürgern für ein Bleiberecht der in Deutschland lebenden geduldeten Flüchtlinge und Migranten.
200000 nur geduldet
Auf Antrag der Linksfraktion stand die Problematik am Donnerstag auch auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestags in der Plenarsitzung. Aktueller Anlaß für die Demo in Moabit war eine Gesprächsrunde, zu der Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Länderinnenminister für Freitag abend in sein Ministerium eingeladen hatte. Seit Jahren bringt die Innenministerkonferenz, auf der das Prinzip der Einstimmigkeit bei Beschlüssen gilt, keine Bleiberechtsregelung zustande. Über 200000 Menschen leben deshalb in ständiger Unsicherheit und ohne echte Zukunftsperspektive. Daher hätte längst der Bundestag die Initiative ergreifen und per Bundesgesetz eine Regelung herbeiführen müssen. Dies wäre im Bundestag leichter möglich als in der Innenministerkonferenz, da im Parlament eine einfache Mehrheit der Stimmen ausreicht. SPD und Grüne haben aber in ihrer Regierungszeit versagt und sich an das Thema nicht herangewagt. Erst recht tut sich in der jetzigen großen Koalition von CDU/CSU und SPD im Bundestag keine Lösung auf.
Schäuble will aber offenbar das Thema, bei dem er sich als CDU-Politiker auch einem wachsenden Druck der Kirchen ausgesetzt sieht, vom Tisch bekommen. Er möchte auf der nächsten Innenministerkonferenz im November in Nürnberg einen mit den wichtigsten Länderministern abgestimmten Beschlußvorschlag vorlegen.
Zweijahresfrist
Die Forderungen der Flüchtlingsorganisationen sind klar: Das Bleiberecht darf nicht auf Familien mit Kindern beschränkt werden, sondern muß auch für Ehepaare und Alleinstehende gelten. Die vollständige Sicherung des Lebensunterhalts aus eigener Erwerbstätigkeit darf nicht zum Kriterium erhoben werden. Es darf keine Stichtagsregelung geben, sondern einen gesetzlich verankerten Anspruch auf ein großzügiges Bleiberecht für alle. Den in der BRD lebenden Menschen muß ein gesicherter Status garantiert werden.
Im Bundesinnenministerium favorisiert man jedoch eine Lösung mit erheblichen Einschränkungen, so daß bei weitem nicht alle Betroffenen davon begünstigt wären. Die Rede ist von einem Bleiberecht nur für diejenigen, die sich mindestens acht Jahre in der BRD aufhalten, einen Arbeitsplatz haben, die deutsche Sprache beherrschen und insgesamt »gut integriert« sind. Als weiteres Kriterium will das BMI den Schulbesuch der Kinder festlegen. Damit fallen natürlich alle Illegalisierten durch das Raster, deren Kindern ja der Schulbesuch gerade verweigert wird. Außerdem möchte Schäuble lediglich ein befristetes Bleiberecht für zwei Jahre einführen.
Menschen mit »extremistischen Bezügen« – was auch immer darunter zu verstehen sein mag – sollen davon ausgeschlossen werden.