Eine Beteiligung am völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Irak-Krieg von Bush und Blair lehnten Gerhard Schröder (SPD) und Joseph Fischer (Grüne) scheinbar ab – zugleich schickten sie heimlich Agenten des Bundesnachrichtendienstes nach Bagdad, die den USA kriegswichtige Hinweise lieferten. Verantwortlich dafür war auch Steinmeier als damaliger Chef des Kanzleramtes. Alleine die Täuschung der Öffentlichkeit über die Kriegsbeteiligung disqualifiziert ihn für die Leitung des Auswärtigen Amtes.
Vollends unhaltbar ist Steinmeiers Position aber für jeden, der die Schilderung von Murat Kurnaz über Gefangenschaft und Folter durch US-Soldaten gehört hat. Der damals 19jährige wurde Ende 2001 in Pakistan grundlos verhaftet, an die US-Army – wahrscheinlich für ein Kopfgeld von 5000 Dollar – übergeben, in Kandahar und dann in Guantánamo brutalst mißhandelt und fast fünf Jahre unschuldig in dieser Hölle festgehalten. Jeder, der eine Chance hatte, Kurnaz von dort frei zu bekommen, hätte sie nutzen müssen. Die alte Bundesregierung hat das nicht getan. In den Medien wurde vielfach undementiert berichtet, daß im Herbst 2002 im Kanzleramt unter Steinmeiers Leitung über ein Angebot der Amerikaner zur Rückführung von Kurnaz beraten und entschieden wurde. Die Bundesregierung lehnte ab. Gründe dafür zu nennen, weigert sich Steinmeier bis heute. Denn es gibt keine: Kurnaz war unschuldig; die Staatsanwaltschaft Bremen hat ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt. Die damalige Bundesregierung aber ließ für ihn ins Schengener Informationssystem ein europaweites Einreiseverbot eintragen.
Statt sich mit allen Mitteln für seine Freilassung einzusetzen, wurden also Mauern errichtet. Offensichtlich wollte man Kurnaz nicht mehr haben. Er mußte noch bis Sommer 2006 unter Folter und Lebensgefahr in Guantánamo einsitzen, er verlor seine Jugend, seine Ehe zerbrach, er ist schwer traumatisiert.
Steinmeier kann sich der Verantwortung hierfür nicht entziehen. Er muß zurücktreten, wenn er noch einen Funken Anstand besitzt.
abgedruckt in: junge Welt vom 20.02.2007