So wird wieder einmal die jahrelange Diskussion um das Nachzugsalter von Ehepartnern aufgewärmt. Schon immer wollte die CDU/CSU eine Altersgrenze von 21 Jahren einführen. Angeblich will man damit einen Schutz vor „Zwangsverheiratungen“ gewährleisten. Abgesehen davon, dass das Nachzugsalter eine völlig untaugliche Maßnahme gegen „Zwangsehen“ ist, wird in der Praxis eine Abgrenzung kaum möglich sein, welche Ehe tatsächlich unter unzulässigem Zwang geschlossen wurde, und wann es sich lediglich um eine in anderen Kulturen übliche Arrangierung einer Heirat handelte (wie es sie durchaus auch in der BRD gibt). In Wahrheit ist die Anhebung des Nachzugsalters nichts anderes als ein Baustein in der Abwehrstrategie, mit der Zuwanderung in die BRD erschwert werden soll, in diesem Fall überwiegend gegen Frauen gerichtet.
Eine am Grundgesetz orientierte Lösung kann nur lauten: Ehepaare haben das Recht, zusammenzuziehen. Altersgrenzen für den Ehegattennachzug sind ein Verstoß gegen dieses Recht und daher verfassungswidrig. Dennoch ist die SPD eingeknickt und hat bereits einem „Kompromiss“ mit der CDU/CSU zugestimmt, der eine Altersgrenze von 18 Jahren vorsieht.
Neu eingeführt werden soll auch die Bestimmung, dass der nachziehende Ehepartner bereits vor seiner Einreise Deutsch beherrschen muss. Dies ist ein besonders perfider Einfall. Denn in vielen Ländern ist es den Betroffenen völlig unmöglich, Deutschkurse zu besuchen. Damit wird eine Hürde aufgebaut, die sowohl aus finanziellen wie auch aus praktischen Gründen von dem meisten Frauen, die zu ihren Ehemännern in die BRD ziehen wollen, nicht überwunden werden kann. Zynisch heißt es in dem Gesetzentwurf, wer „einen so gravierenden Schritt wie eine Ehe“ plane, könne auch an einem Deutschkurs „in weiter entfernten Gegenden“ teilnehmen. Dies diene der besseren Integration. Wer sich nicht daran halte, könne seine Ehe ja anderswo führen, jedenfalls nicht in Deutschland.
Die beiden Beispiele (Nachzugsalter und Sprachkenntnisse) zeigen deutlich, worum es der Bundesregierung tatsächlich geht. Mit immer neuen Schikanen soll der Nachzug von Frauen gänzlich verhindert werden. Dabei verschanzt sich die BRD hinter EU-Richtlinien, geht aber bei der Umsetzung weit über notwendige Anpassungen an das Europarecht hinaus.
zuerst erschienen in: junge Welt vom 08. März 2007