Und das, obwohl seit langem sogar Verfassungsrichter erklären, die NPD sei grundgesetzfeindlich und könne trotz des gescheiterten ersten Prozesses nunmehr verboten werden. Da aber die Innenminister der 16 Bundesländer nicht bereit sind, ihre Verfassungsschutzagenten aus der Partei zurückzupfeifen, erfüllen sie eine wesentliche Auflage der Karlsruher Richter immer noch nicht.
Damit haben die Innenminister ein weiteres Mal alle Antifaschisten enttäuscht, die seit langem ein konsequentes Vorgehen gegen rechts verlangen. So hatten Mitglieder der VVN/BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) die beachtliche Zahl von 175000 Unterschriften für ein NPD-Verbot gesammelt. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) lehnte die Entgegennahme der Unterschriften aber ebenso ab wie der Petitionsausschuß des Bundestages.
Auch die IMK blieb unbeeindruckt. Statt eines Verbots forderte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern lediglich, rechten Stiftungen und Vereinen, die »verfassungsfeindliche Ziele« verfolgen, den Geldhahn abzudrehen. Die IMK beschloß dementsprechend, daß NPD-nahe Vereine die Gemeinnützigkeit verlieren, damit Spenden an sie steuerlich nicht mehr abzugsfähig sind.
Das ist aber nichts als Aktionismus. Große Teile der rechten Szene wie etwa die berüchtigten »Kameradschaften« sind gar nicht in gemeinnützigen Vereinen organisiert – der IMK-Beschluß läßt sie also kalt. Auch Körtings Ankündigung, rechten Stiftungen die finanzielle Basis zu entziehen, ist ein Papiertiger: Es gibt nämlich keine solche NPD-Institution, weder im Bund noch in den Ländern. Der Beschluß wirkt höchstens vorbeugend gegen die Absicht der NPD, in Sachsen ein »Bildungswerk« in eine Stiftung umzuwandeln.
Der weitaus größte Teil der staatlichen Leistungen an die NPD beruht auf dem Parteienfinanzierungsgesetz. Die Erstattung von Wahlkampfkosten bleibt aber bestehen, denn: So lange die NPD nicht verboten ist, muß sie wie alle anderen Parteien behandelt werden.
Am Ende könnte sich der IMK-Beschluß in der Praxis sogar gegen linke Stiftungen und Gruppierungen wenden. Der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) betonte nämlich sofort, auch »Linksextremisten« oder »ausländischen Extremisten« müsse die Förderung entzogen werden. Nach Ansicht von Beobachtern könnten konservative Innenminister den IMK-Beschluß daher künftig als Rechtfertigung benutzen, um die politische Linke durch Verwehrung von Staatsgeldern zu bekämpfen. Und das alles aufgrund eines Beschlusses, der unter dem Vorwand gefaßt wurde, man wolle etwas gegen Neonazis tun.
Daß echtes und konsequentes Vorgehen gegen die NPD durchaus etwas bewirken kann, zeigt eine ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Darin wurde nachgewiesen, daß in vielen Kommunalparlamenten die strikte Ablehnung von NPD-Anträgen ohne Debatte dazu geführt hat, die öffentliche Resonanz für Neonazis deutlich zu senken.