Entwurf für »Integrationsgesetz«
Insgesamt trieft der Gesetzentwurf vor Misstrauen gegenüber Geflüchteten. Suggeriert wird, es fehle von vornherein an Integrationsbereitschaft, diese müsse mit Sanktionsdrohungen erzwungen werden. So soll das Asylbewerberleistungsgesetz künftig ungefähr 15 verschiedene Sanktionstatbestände umfassen, mit möglichen Leistungskürzungen um rund 50 Prozent – wobei auch das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum unterschritten werden kann. Empirische Belege für eine massenhafte Integrationsverweigerung gibt es allerdings nicht. Auf parlamentarische Anfragen musste die Bundesregierung einräumen, gar keine Daten darüber zu haben, in welchem Umfang zu Integrationskursen Verpflichtete schuldhaft ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. Während der Bundesinnenminister von »zehn bis 15 Prozent« phantasierte, ging der frühere Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, von nur etwa »einem Prozent« aus.
Tatsächlich ist die Masse der Flüchtlinge hochmotiviert. Doch sie werden durch gesetzliche Arbeitsverbote und Einschränkungen sowie unzureichende Integrations- und Sprachkursangebote zu monate- und jahrelanger Untätigkeit verurteilt. Auch die notdürftige Unterbringung vieler Flüchtlinge sowie die durch lange absehbare Personalengpässe und bürokratische Schikanen nur schleppend erfolgende Bearbeitung ihrer Asylanträge wirken sich integrationshemmend aus. Um von ihren eigenen Versäumnissen in der Asylpolitik abzulenken, konstruiert die Bundesregierung das Feindbild des Integrationsverweigerers und bedient damit fremdenfeindliche Ressentiments.
So dient das Gesetz tatsächlich der Integration – der Integration von AfD- und Pegida-Positionen in die Bundespolitik.
Erschien in junge Welt vom 26.5.16