Sehr geehrte Damen und Herren,
Wer die Presse zum Collegium Humanum verfolgt, könnte denken, dieses Zentrum der Volksverhetzer und Antisemiten sei erst kürzlich eröffnet worden. Denn jahrelang störte sich fast niemand an den regelmäßigen Treffen von Alt- und Neofaschisten in Vlotho.
Tatsächlich handelt es sich beim Collegium Humanum um eines der ältesten, seit den 60er Jahren genutzten Tagungshäuser der extremen Rechten. Faschisten von der NPD über die so genannten Freien Kameradschaften bis zu esoterisch ausgerichteten Nazikreisen tummeln sich dort im Wochentakt. Mit dem ausgerechnet zum Jahrestag der Reichspogromnacht 2003 ins Leben gerufenen „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ wurde das Collegium Humanum zum regelrechten Zentrum der Holocaustleugner aus aller Welt.
Eine Vielzahl Mitarbeiter und Referenten des Collegium Humanum sind bereits wegen Volksverhetzung und ähnlicher einschlägiger Delikte vorbestraft.
Das Collegium Humanum und der Verein der Holocaustleugner sind also nicht erst seit gestern ein Problem. Ich frage mich daher, warum die vorangegangene sozialdemokratische Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hier nicht gehandelt hat. Oder warum die Grünen nicht bereits während ihrer Zeit in der Bundesregierung einen entsprechenden Antrag zum Verbot des Collegium Humanum eingebracht haben.
Insbesondere kritisiere ich die Informationspolitik der Bundesregierung und der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag und auch die Grünen im Landtag von NRW haben wiederholt Anfragen zum Collegium Humanum gestellt.
Der Innenminister von NRW Ingo Wolf bestreitet schlicht die Zuständigkeit seines Ministeriums, da das Collegium Humanum durch eine Publikation bundesweit tätig sei. Vor einem Jahr fragten wir daher, ob die Bundesregierung die Ansicht des nordrhein-westfälischen Innenministeriums teilt, dass ein Verbot des Collegium Humanum im Zuständigkeitsbereich des Bundesinnenministeriums liegt. Aus sogenannten „operativen Gründen“ wollte die Bundesregierung schon diese Frage nach der Zuständigkeit nicht beantworten. Natürlich gab es auch keine Antwort auf unsere Frage, welche Verbotsmöglichkeiten es denn gäbe.
Das nordrhein-westfälische Finanzministerium wies eine Anfrage nach der Gemeinnützigkeit des Collegium Humanum mit dem Hinweis auf das Steuergeheimnis ab. Recherchen der Tagesschau brachten diese Gemeinnützigkeit ans Licht. Volksverhetzung, Holocaustleugnung und Antisemitismus sind also steuerlich absetzbar.
Die Bundesregierung hatte in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Linksfraktion zum Thema Rechtsextremismus im Frühjahr 2007 erklärt: „Die Vermeidung der steuerrechtlichen Anerkennung der Gemeinnützigkeit von verfassungswidrigen Körperschaften ist Teil der ganzheitlichen Strategie der Bundesregierung“ gegen Rechtsextremismus. Im Falle des Collegium Humanum hat diese ganzheitliche Strategie offenbar bislang nicht gegriffen.
Im Dezember letzten Jahren verkündete die Innenministerkonferenz dann vollmundig, rechtsextremen Vereinen die Gemeinnützigkeit entziehen zu wollen. Was hier als neue Maßnahmen gegen Rechtsextremismus angepriesen wurde, war allerdings schon seit Jahren gültiger Beschluss des Bundestages. Es wurde schlicht Wählertäuschung betrieben, bisherige Versäumnisse sollten durch vorgetäuschten Aktionismus offenbar unter den Tisch gekehrt werden.
Das Bundesinnenministerium ist daher aufgefordert, Stellung zu beziehen, warum solche seit langem existierenden Beschlüsse zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit und sonstiger staatlicher Förderung rechtsextremer Vereinigungen auf das Collegium Humanum bislang noch keine Anwendung fanden. Wir haben dazu jetzt erneut eine Kleine Anfrage gestellt.
Laut Presseberichten will Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble „in Kürze“ das Collegium Humanum und den „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ verbieten. Das wäre zu begrüßen, ein solches Verbot ist längst überfällig.
Da diese Verbotsabsichten vom Bundesinnenministerium noch nicht offiziell bestätigt wurden, schließt sich DIE LINKE dem hier vorliegenden Antrag von Bündnis90/Die Grünen an.
Aber ich fordere Rechenschaft von der Bundesregierung, warum bislang die immer wieder versprochenen Maßnahmen gegen Vereine wie das Collegium Humanum keine Anwendung fanden. Die Fraktion DIE LINKE hat es satt, sich von der Bundesregierung im Kampf gegen Rechtsextremismus mit Floskeln und Textbausteinen abspeisen zu lassen. Wir wollen endlich Taten sehen.