Skeptisch reagierten die Oppositionsparteien auf die Behauptung des Bundesnachrichtendienstes (BND), von der Tätigkeit der 30 deutschen Beamten nichts mitbekommen zu haben. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte dazu: »Entweder hat der BND etwas gewußt, oder er hat geschlafen. Beides muß dringend aufgeklärt werden.« Auch der Rechtsexperte der Linken, Wolfgang Neskovic, kann sich »nur schwer vorstellen«, daß die Kooperation hinter dem Rücken des Auslandsgeheimdienstes erfolgen konnte.
Der Spiegel berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, die deutsche Botschaft in der libyschen Hauptstadt Tripolis sei von der Ausbildungstätigkeit der privaten Sicherheitsfirma »BDB Protection« unterrichtet gewesen. Auch der Bundesnachrichtendienst hat, wie die Leipziger Volkszeitung gestern vorab meldete, durch seinen Residenten in Tripolis ab Dezember 2005 bis Sommer 2006 regelmäßig Kontakt zu den in Libyen tätigen Ausbildern gehabt. Vom Verteidigungsministerium wurde mittlerweile bestätigt, daß ein deutscher Hauptfeldwebel an den Aktivitäten dem arabischen Land beteiligt war – und zwar einer, der bei der Bundeswehr als Leibwächter des Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan diente, also in einem sicherheitsrelevanten Bereich tätig war. Schon 2006 sei das Ministerium unterrichtet gewesen. Das Disziplinarverfahren gegen den Soldaten läuft allerdings noch.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm versicherte gestern in Berlin, Bundesministerien oder Bundesbehörden seien »zu keinem Zeitpunkt« am Zustandekommen oder der Realisierung der Schulungen beteiligt gewesen. Das Schulungsprogramm sei eine rein »private Aktion eines kommerziellen Anbieters« gewesen. Über die Rolle des BND will die Regierung aber nur im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) berichten.
Allein daß das PKG nicht schon längst informiert wurde, verdeutlicht einmal mehr, daß es nicht in der Lage ist, seine »Kontrollfunktion« effektiv wahrzunehmen. Das wurde gestern selbst vom CDU-Mann Bosbach bemängelt, der vorschlug, einen »Ombudsmann« zur besseren Kommunikation zwischen dem PKG und der Regierung zu installieren.
Nach Medienberichten hat die inzwischen in Insolvenz gegangene private Sicherheitsfirma den 30 deutschen Beamten zwischen 15000 und 50000 Euro ausgezahlt. Schwerpunkte der Ausbildung waren der »Zugriff in Gebäuden«, das Entern von Schiffen und dem Absetzen aus Hubschraubern.
Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler stellte gestern in Frage, ob es sich bei dem Vorgang tatsächlich nur um die »Privatangelegenheit einer Sicherheitsfirma« gehandelt habe oder nicht doch »um den Teil einer außenpolitischen Strategie«. Dann hätte das Parlament auch informiert werden müssen. Tatsächlich wird Libyen immer stärker in den »Kampf gegen Terror« eingebunden. Der nordafrikanische Staat wird von der EU mit modernen Polizeigeräten ausgestattet, um Menschen von der Flucht übers Mittelmeer in die EU abzuhalten. Hilfsorganisationen zufolge werden Flüchtlinge in libyschen Gefängnissen inhuman festgehalten und gefoltert. Linken-Politiker Neskovic sagte gestern, es »paßt ins Bild«, wenn die Bundesregierung zu Menschenrechtsverletzungen beitrage.
Nach einem Bericht der Berliner Zeitung vom Wochenende war die Kooperation mit Tripolis nach einem Besuch des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) im Oktober 2004 vereinbart worden. Schröder und der BND wiesen diese Darstellung zurück.
Drucken