Artikel: Asylrecht ausgehebelt

Wurden 1992 noch 438000 Asylanträge in Deutschland gestellt, so entsprach deren Zahl im gesamten Jahr 2007 mit 19164 nicht einmal fünf Prozent dieser Menge. Lächerlich gering ist heute auch die Anerkennungsquote. Nimmt man beispielhaft den Zeitraum von Januar bis April 2008 als Maßstab, so lag diese bei nur 1,2 Prozent. Im April 2008 wurden bundesweit ganze 34 Personen als asylberechtigt anerkannt.

Die aktuellen Zahlen beweisen, daß das Grundrecht auf diesen Schutz für Flüchtlinge nur noch auf dem Papier steht. Dies ist das bewußt angestrebte Ergebnis des sogenannten Asylkompromisses der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP mit Zustimmung der SPD von 1993, an dessen trauriges 15jähriges Jubiläum heute zu erinnern ist. Die faktische Abschaffung des Asylrechts war ein gewollter Politikwechsel hin zu Abschottung, Ausgrenzung und Inhumanität.

In seiner ursprünglichen Fassung vom 23. Mai 1949 regelte das Grundgesetz kurz, einfach und wirkungsvoll: »Politisch Verfolgte genießen Asylrecht« (Artikel 16 Absatz 2 Satz 2). Der Schutz vor politischer Verfolgung sollte nach den Erfahrungen der Nazizeit als Rechtsanspruch ausgestaltet werden. Zuflucht zu gewähren war kein »Gnadenakt« des Staates, sondern eine Verpflichtung. Diese wurde bewußt nicht in einem »einfachen« Gesetz verankert, sondern in der Verfassung, und dort nicht etwa bei den Staatsaufgaben, sondern im Grundrechtskatalog. Somit konnte jeder politisch Verfolgte sein Recht einklagen – bis zum Bundesverfassungsgericht. Schließlich bedeutete die Aufnahme des Asylrechts in den Grundrechtsteil der Verfassung, daß es der »Ewigkeitsgarantie« nach Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes unterlag: Grundrechte können nicht nach politischem Belieben abgeschafft werden, sondern sind in ihrem Kern unabänderlich.

Zu einer ersten Aufweichung kam es indes bereits am 19. Juni 1990 im Rahmen des Schengener Abkommens der Europäischen Gemeinschaft. Die EG-Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks verabschiedeten ein »Erstasylabkommen«, worin Freizügigkeit, Arbeit, Bildung und soziale Ansprüche nur noch im Erstaufnahmeland zugesichert wurden.
»Brandstifter«-Reden
Angesichts steigender Asylbewerberzahlen begann Anfang der neunziger Jahre in Deutschland eine in dieser Form noch nie dagewesene Kampagne mit dem Ziel, das Grundrecht auf Asyl »sturmreif« zu schießen. Unablässig forderten die Unionsparteien die Umwandlung des Grundrechts auf Asyl in eine »Institutsgarantie«. Zwar sollte die Asylvorschrift pro forma in der Verfassung bestehen bleiben, aber keinerlei Rechte für die Flüchtlinge mehr garantieren. So sollte die Asylgewährung zu einem »Gnadenakt« umgestaltet und zahlenmäßig drastisch reduziert werden.

Mit rassistischen Parolen schürten Vertreter der angeblichen »politischen Mitte« seit Ende der 80er Jahre Fremdenfeindlichkeit. Dabei unterschied sich ihr Vokabular kaum von dem der Rechtsextremisten. Bürgerliche Politiker nutzten die wachsenden Sorgen der Bevölkerung vor dem – mit der kapitalistischen Globalisierung programmierten – sozialen Abstieg, um den Asylbewerbern eine »Sündenbock«-Rolle zuzuweisen. Von einer humanitären Verpflichtung zur Hilfe für Menschen in Not war dabei nicht die Rede, wohl aber von »Überfremdung«, »Asylbetrug« und angeblicher »sozialer Ausbeutung« durch Ausländer. Die Springer-Presse und andere konservative Blätter leisteten mit ständigem Gerede über »Mißbrauch des Asylrechts« ihren Beitrag zu einer Art Pogromstimmung. »Fast jede Minute ein neuer Asylant – Die Flut steigt, wann sinkt das Boot?« titelte die Bild-Zeitung (2.4.1992) und suggerierte, man stehe einer Naturkatastrophe gegenüber, derer man sich mit aller Kraft erwehren müsse. Mit ihrer zynischen Wortschöpfung »Asyl-Touristen« blendete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (8.11.1991) Fluchtgründe wie Folter, Krieg oder Hunger aus.

Die »Das Boot ist voll«-Rhetorik richtete sich voranging gegen Asylsuchende. Obwohl ein erheblicher Teil der Immigranten »Spätaussiedler« waren, denen der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) in einer Art »Blut und Boden«-Mentalität ausschließlich wegen ihrer – Generationen zurückliegenden – deutschen Abkunft Aufnahme in der BRD versprach. So kamen 1992 noch 230565 Spätaussiedler nach Deutschland.

Auch prominente Sozialdemokraten beteiligten sich an der fremdenfeindlichen Kampagne. »Der Unmut bei den Menschen ist riesig. Glauben Sie denn, daß die ruhig hinnehmen werden, wenn Millionen Ausländer ungeordnet in unser Land fluten?« (Spiegel, 7.9.1992), meinte der Münchner Oberbürgermeister Georg Kronawitter (SPD), der sich wie sein Hamburger Amtskollege Henning Voscherau für eine Streichung der Asylgarantie aus dem Grundgesetz stark machte. Wie Zootiere stellte Kronawitter Asylbewerber in einem umzäunten Gelände auf der Theresienwiese, wo sonst das Oktoberfest tobt, zur Schau und mobilisierte gezielt den »Bierdimpflgeist gegen Ausländer«, so das »Münchner Bündnis gegen Rassismus«. Ein prominenter Gegner des Grundrechts auf Asyl innerhalb der SPD war auch der saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine, der schon als sozialdemokratischer Oberbürgermeister von Saarbrücken in den 80er Jahren entschieden für Sachleistungen und Sammellager für Asylbewerber eingetreten war. Innerhalb der SPD wirkte Lafontaine maßgeblich an der Zustimmung zum »Asylkompromiß« mit.

Viele Feindseligkeiten richteten sich schon 1991 gegen Sinti und Roma aus osteuropäischen Staaten. Vor allem in den neuen Bundesländern, in denen es tatsächlich nur wenige Asylbewerber gab, terrorisierten Neonazis Migranten. 1991 wurden bereits 500 Gewalttaten von Rechtsextremen gezählt. In Hoyerswerda, einer Stadt im Osten Sachsens, kam es im September 1991 zu rassistischen Pogromen. Die Welle der Ausschreitungen begann mit dem Überfall einer Gruppe Neonazis auf vietnamesische Straßenhändler. Die tagelangen Angriffe zwischen dem 17. und dem 22. September richteten sich auch gegen eine Vertragsarbeiterunterkunft von Moçambiquanern und ein Asylbewerberheim. Der aufgehetzte Mob auf der Straße klatschte jubelnd Beifall. Das verbrecherische Treiben der Rechtsextremisten ermunterte wiederum viele konservative Politiker dazu, mehr oder weniger unverblümt ausländerfeindliche Thesen öffentlich zu propagieren, wodurch sich wiederum die Neonazis bestärkt fühlten. Allein zwischen 1991 und 1993 wurden über 4700 rechtsextreme Anschläge verübt, bei denen 26 Menschen starben und fast 1800 verletzt wurden.
Asyldebatte im Parlament
Zur Bundestagsdebatte am 26. Mai 1993 über die Änderung des Asylrechts hatten sich vor dem Parlament in Bonn Zehntausende von CDU/CSU-Abgeordneten als »Chaoten« diffamierte Menschen zum Protest gegen diesen tiefen Einschnitt in das Grundgesetz versammelt und Blockaden organisiert. NATO-Stacheldraht und 4000 Polizisten sicherten die von neun Uhr morgens bis 22.53 Uhr abends dauernde Diskussion der Abgeordneten.

Als erster Redner der CDU/CSU sprach der heutige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble von »Mißbrauch«, »Schlepperbanden« und davon, daß »auch in der Asylpolitik am deutschen Wesen die Welt nicht genesen sollte«. Er behauptete, Europa schotte sich nicht ab, und: »Wir verlagern … unsere Probleme auch nicht auf unsere Nachbarn in Europa. (…) Wir wollen (…) ja nichts anderes als eine faire Lastenverteilung in Europa (…)«. Heute ist evident, daß Schäuble die Unwahrheit sagte und die deutsche Asylrechtsänderung den Ausgangspunkt eines langen Prozesses der gemeinsamen europäischen Abschottung gegen Flüchtlinge bildete, die in den letzten 15 Jahren schätzungsweise 20000 Menschen auf der Flucht nach Europa das Leben kostete.

Für die CSU in der Bundestagsdebatte vom 26. Mai 1993 wiederholte deren Rechtsausleger Norbert Geis die chauvinistische These: »Kein Volk wird eine Überfremdung ohne Konflikt hinnehmen, es kann es gar nicht hinnehmen (…), weil jedes Volk seine eigene Art zu leben und sein Recht darauf hat. Das ist ein Naturrecht jeden Volkes.«

Der Hamburger SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Klose berief sich auf die Schaffung einer eigenen Aufenthaltsregelung für Bürgerkriegsflüchtlinge außerhalb des Asylverfahrens (Paragraph 32a Ausländergesetz), die der SPD als Feigenblatt für die Zustimmung zum Gesamtpaket des »Asylkompromisses« diente. In Wirklichkeit wurde die Neuregelung für Kriegsflüchtlinge mit Ausnahme der zeitlich befristeten Aufnahme von etwa 15000 Menschen aus dem Kosovo im Jahr 1999 fast nie angewandt.

Die PDS/Linke Liste lehnte – ebenso wie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – die Asylrechtsänderung als populistisches Vorhaben zur »Instrumentalisierung von Vorurteilen und latentem Rassismus« ab. Gregor Gysi forderte den Bundestag auf: »Sagen Sie nein zur Liquidierung einer der wichtigsten Konsequenzen aus dem mörderischen Naziregime!« Er betonte, »Millionen Menschen, die aus Deutschland flüchten wollten, insbesondere Juden, hätten gerettet werden können, wenn es in anderen Staaten ein individuelles Recht auf Asyl gegeben hätte«. Gysi fuhr fort: »Es sind Politikerinnen und Politiker gewesen, die die Begriffe von Scheinasylanten, von Flüchtlingsströmen, von Wirtschaftsflüchtlingen, vom Asylmißbrauch, von asylfreien Zonen, von Durchmischung und Durchrassung und das schlimme Wort vom Staatsnotstand in die Debatte brachten. Und solche Worte zeigen Wirkung. All jene, die in der beschriebenen Art und Weise die Asyldebatte führten und führen, haben an rassistischen und ausländerfeindlichen Pogromen als intellektuelle Urheber ihren Anteil«.

Der Anschlag von Solingen
Drei Tage nach der Asyldebatte wurde in Solingen ein Brandanschlag auf ein Zweifamilienhaus, das von Menschen türkischer Abstammung bewohnt war, verübt. Dabei kamen zwei Frauen und drei Mädchen ums Leben. Vierzehn weitere Familienmitglieder erlitten zum Teil lebensgefährliche Verletzungen. Ein halbes Jahr zuvor hatte es bereits einen ähnlichen Mordanschlag von Rechtsextremen in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Mölln auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser gegeben, bei dem drei Menschen getötet wurden.

»Kein Volk, kein Gemeinwesen kann eine solch ständig wachsende Zahl von Menschen verschiedenster Herkunft so schnell integrieren, daß eine drohende Überfremdung vermieden werden könnte. Kein Volk kann aber eine drohende Überfremdung widerstandslos hinnehmen, will es sich nicht selbst aufgeben. Jedes Volk entwickelt seine eigenen Ordnungsformen, seinen Lebensstil, sein Zugehörigkeitsgefühl und seine Art, sich auszutauschen und miteinander umzugehen«, erklärte nur drei Tage nach den Morden von Solingen der kurz darauf zum Bundesinnenminister ernannte Manfred Kanther (CDU): »Wenn aber der Flüchtlingsstrom nicht mehr abreißt und Überfremdung droht, wird jedes Volk in seiner Identität bedroht. Wer glaubt, diese Grundwahrheit mißachten zu können, mißachtet ein Naturrecht der Menschen.« (Frankfurter Rundschau, 2.6.1993) Später dann, in der Süddeutschen Zeitung vom 7.3.1994, stellte Kanther fest: »Jetzt kommen nicht mehr 30000, sondern 10000 Flüchtlinge. Das ist immerhin etwas. Es wäre nicht erzielbar gewesen ohne die öffentliche Auseinandersetzung – die natürlich Hitzegrade erzeugt hat.« Angesichts der mörderischen Brandanschläge ein Zynismus ohnegleichen.

Neben Solingen und Mölln stehen Hoyerswerda (1991) und Rostock-Lichtenhagen (1992) mit den Pogromen gegen vietnamesische Vertragsarbeiter noch heute als Synonyme für rassistische und fremdenfeindliche Exzesse. Monatliche Bundestagsanfragen der Linkspartei zwingen seitdem die Regierung, die anhaltend hohe Zahl von rechtsextremistischen Gewalttaten zu benennen. Mögen auch die unmittelbaren Täter in den Kreisen der Neonazis zu finden sein: Hinter den Brandstiftern stehen, um mit Max Frisch zu sprechen, immer Biedermänner, und diese befanden sich bei der Asyldebatte 1993 eindeutig in der Mitte der Gesellschaft.

Der »Asylkompromiß«
Da eine Streichung des Asylrechts wegen der Ewigkeitsgarantie der Grundrechte verfassungsrechtlich riskant war, hatten sich Regierung und SPD im »Asylkompromiß« auf die Einfügung zusätzlicher Artikel zu diesem scheinbar weiterbestehenden Asylrecht geeinigt, die das Grundrecht völlig entwerteten.

Erste Abwehrmaßnahme gegen Flüchtlinge im neuen, am 30. Juni 1993 (Bundesgesetzblatt I, S.1002) in Kraft getretenen, Recht war die Regelung, Asylanträge von Bewerbern aus einem »sicheren« Herkunftsstaat als »offensichtlich unbegründet« zu behandeln. Bei deren Festlegung wurde in der Praxis seither zu Lasten der Asylbewerber ein »großzügiger« Maßstab angelegt. Auch offenkundige Menschenrechtsverletzungen hinderten die Behörden nicht daran, Herkunftsstaaten als »sicher« zu betrachten – damit war eine Asylanerkennung ausgeschlossen.

Der zweite wesentliche Faktor des »Asylkompromisses« war der schäbige Trick, Asylanträge nach Einreise aus einem »sicheren Drittstaat« als »unbeachtlich« einzustufen. Damit wurde deren Prüfung nahezu vollständig ausgelagert. Denn selbstverständlich wurden alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland als »sicher« eingestuft, unabhängig davon, ob dort ein ausreichender rechtsstaatlicher Schutzstandard für Asylsuchende bestand oder nicht. Somit blieb zwar formal das Recht auf Asyl in Deutschland bestehen, wurde aber von vornherein all denen verweigert, die auf dem Landweg – und somit aus einem »sicheren Drittstaat« – eingereist waren. Die Asylprüfung wurde damit an Nachbarländer »delegiert«. Einen Antrag konnte folglich nur noch jemand mit Aussicht auf Erfolg stellen, der sich schon im Inland befand (und dessen Reiseweg über einen sicheren Drittstaat nicht nachweisbar war), oder der per Flugzeug aus einem unsicheren Herkunftsland nach Deutschland gekommen war. Flüchtlingsorganisationen und Kritiker sprachen davon, Asyl könne nur noch bekommen, wer vom Himmel gefallen sei. Selbst gegenüber Menschen, die auf dem Luftweg kommen, schottet sich die BRD seit dem Asylkompromiß 1993 aber durch die Einführung des beschleunigten »Flughafenverfahrens« ab. Airports gelten rechtlich vor Passieren der Einreisekontrolle noch nicht als Inland, so daß bis dahin kein Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens bestehen soll. Bewerber aus »sicheren Herkunftsländern« werden seither am Flughafen an der Einreise gehindert, dort zwangsweise festgehalten und ohne ordentliche Asylprüfung »zurückgeführt«. Der Rechtsschutz gegen solche Entscheidungen wurde mit dem »Asylkompromiß« 1993 eingeschränkt, so daß trotz laufenden Verwaltungsgerichtsverfahrens eine Abschiebung erfolgen kann.

Schließlich wurde »begleitend« das Instrument der Abschiebehaft verschärft. Mit der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes verschärfte sich die für Asylbewerber bereits bestehende Benachteiligung im Bundessozialhilfegesetz von 1982 weiter. Die Unterbringung in Lagern (»Gemeinschaftsunterkünften«) und umfassende Arbeitsverbote sowie die Residenzpflicht (also das strafbewehrte Verbot, einen bestimmten Stadt- oder Landkreis zu verlassen) sollten zusätzlich der Abschreckung potentieller Asylbewerber dienen.
Perfektionierung der Abschottung
Der »Asylkompromiß« von 1993 war ein Meilenstein der Abschottungspolitik, aber bei weitem nicht deren Endpunkt. Immer perfekter wurde die Ausgrenzung (im wahrsten Sinne des Wortes) von Flüchtlingen durch die Bundesrepublik Deutschland und die EU organisiert. Eine der größten Änderungen war das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene »Zuwanderungsgesetz«, beschlossen von einer faktischen großen Koalition aus SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP. Schon der Name führt in die Irre: Es ist faktisch ein Zuwanderungsverhinderungsgesetz, denn es schuf neue Möglichkeiten einer legalen Zuwanderung allein für wirtschaftlich nützliche Arbeitsmigranten. Zwar mußten auf Druck der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) in das innerstaatliche Recht aufgenommen werden, indem auch nichtstaatliche und geschlechtsspezifische Verfolgung als Gründe für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft anerkannt wurden. Im Gegenzug brachte das Zuwanderungsgesetz weitere Verschlechterungen beim Rechtsschutz für abgelehnte Asylbewerber sowie deutliche Verschärfungen bei Abschiebungen.

Auch die Umsetzung von elf EU-Richtlinien zum Flüchtlings- und Aufenthaltsrecht am 30. August 2007 wurde vom deutschen Gesetzgeber zu zahlreichen Verschärfungen bei der Abschiebehaft, im Ausweisungsrecht auch gegen Asylbewerber und zur abermaligen Ausweitung des restriktiven Asylbewerberleistungsgesetzes beispielsweise auch für anerkannte Bewerber genutzt. Eine dauerhaft wirkende Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete fehlt immer noch. Ehegatten, die hierher nachziehen wollen, versucht man fernzuhalten mit Sprachprüfungen im Herkunftsland. Bereits gewährtes Asyl wird durch eine ausufernde Widerrufspraxis des Bundesamtes nachträglich in Frage gestellt.

Die EU setzt auf militärisch-polizeiliche Mittel bei der Abwehr von Flüchtlingen durch ihre »Grenzschutzagentur« Frontex. Die zwangsweise Rückführung von Bootsflüchtlingen auf hoher See durch Frontex verstößt dabei gegen internationales Recht. Die Dubliner Verordnung legt Asylsuchende auf das Land ihrer Einreise in die EU fest. Dort müssen sie ihr Verfahren durchboxen. Auch dann, wenn es wie in Griechenland zu massiven Verstößen gegen Flüchtlingsrechte kommt. Von dem nach der Verordnung möglichen »Selbsteintrittsrecht« macht die BRD keinen Gebrauch.

Fazit
Die mit dem »Asylkompromiß« deutlich gewordene, noch heute gültige Maxime der Bundesregierung und der EU lautet: Abschottung geht vor Humanität. Die Asyldebatte vor 15 Jahren war daher wahrlich ein schwarzer Tag für das Parlament, aber mehr noch für die schutzsuchenden Menschen. Die Substanz eines Grundrechts wurde am 26. Mai 1993 zerstört. Übrig blieb eine bloße Hülle wortreicher Paragraphen. Eine solche Politik nimmt die Menschenrechte und die rechts- und sozialstaatlichen Verpflichtungen der Verfassung nur dem Scheine nach ernst.