Die Bundeswehr unterhält enge Kontakte zu rechtsextremen Traditionsvereinen und
gewährt diesen finanzielle Förderung. Zugleich unternimmt sie nur wenig
Anstrengungen, das Ausmaß des Rechtsextremismus innerhalb der Truppe zu
erfassen. Dies geht aus den Antworten der Bundesregierung hervor.
Der Kyffhäuserbund und der Bayerische Soldatenbund 1874 e. V. haben im
vergangenen Jahr Förderungen in Höhe von 2000 bzw. 6000 Euro erhalten. In den
zugehörigen Zeitschriften finden sich rechtsextremistische und revanchistische
Stellungnahmen. So schrieb der Rechtsextremist und Ex-Generalmajor Gerd
Schultze-Rhonhof in den „Treuen Kameraden“, der Zeitschrift des Bayerischen
Soldatenbundes, im Zweiten Weltkrieg sei es „von deutscher Seite ursprünglich nur
um die Menschenrechte der deutschen Minderheit in Polen“ gegangen, der Krieg
habe „sich gegen Hitlers Willen“ ausgedehnt, Schuld trage die Sowjetunion (Juni-
Ausgabe 2005). Auch der „Kyffhäuser“ vertritt eine äußerst einseitige
Geschichtsdarstellung und die Meinung, „Deutschland war im Krieg um Tod und
Leben und jeder musste auf seinem Platze seine Schuldigkeit tun, so gut er konnte.“
(Januar 2006)
Der Bund Deutscher Fallschirmjäger, dem die Bundeswehr die Mitarbeit im Beirat
Freiwillige Reservistenarbeit angeboten hat, sieht sich in der Tradition des
Generaloberst Kurt Student – dieser hatte nach der Invasion Kretas angeordnet,
Widerstandshandlungen „unter bewusster Ausschaltung von besonderen Gerichten“
zu vergelten. Dazu gehörten auch Geiselerschießungen. Nach dem Weltkrieg wurde
Student von den Alliierten zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Besorgniserregender als die direkte finanzielle Förderung ist die Kooperation
zwischen Bundeswehr und dem Kyffhäuserbund, dem Bayerischen Soldatenbund,
dem Kameradenkreis der Gebirgstruppe und weiteren. Die Bundesregierung bestätigt, dass gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt, thematische Zuarbeiten
gemacht, Räume überlassen werden und Zutritt zu militärischen Liegenschaften
gewährt wird – dies alles werde aber „nicht zentral erfasst.“
Das heißt: Die Bundesregierung hat keine Ahnung, mit welchen alten und neuen
Nazis die Truppe zusammenarbeitet. Der Kameradenkreis der Gebirgstruppe hat erst
im vorigen Jahr öffentlichem Druck nachgegeben, die Traditionskameradschaft
„Polizeigebirgsjägerregiment 18“ aufzulösen, einer Gliederung der SS. Er leugnet
beharrlich die von Wehrmachts-Gebirgsjägern verübten Verbrechen.
Auch über die Situation innerhalb der Bundeswehr ist die Regierung nur schlecht
informiert.
Neofaschismus innerhalb der Bundeswehr betrachtet die Bundesregierung als
„Einzelfall“-Problem. Deshalb sieht sie „keinen Anlass“ für eine Dunkelfeldanalyse,
deswegen wird auch nicht genauer hingesehen, welcher Offizier in welcher Neonazi-
Zeitschrift publiziert oder Interviews gibt (unter Beobachtung stehen lediglich zwei
Zeitungen). Ein Entlassungsgrund sind solche Publikationen offensichtlich nicht.
Zwar räumt die Bundesregierung die Möglichkeit ein, „dass Organisationen mit
militärspezifischen Charakteristika eine Anziehungskraft auf Personen mit
rechtsextremen Einstellungen ausüben.“ Gleichwohl bestreitet sie vehement, es
könne einen Zusammenhang zwischen dem Umbau der Bundeswehr zur
Interventionsarmee, dem damit geforderten „Kämpfer-Typen“ und rechtsextremen
Vorfällen geben. Für entsprechende Studien wird „kein Bedarf“ gesehen.
Dies alles zeigt: Die Bundesregierung kofinanziert Kriegsschuldleugner, sie hat
keinen Überblick, sie unternimmt wenig bis gar nichts, um sich einen zu verschaffen.
Diese Ahnungslosigkeit spricht allen Beteuerungen Hohn, mit der Bekämpfung des
Rechtsextremismus Ernst zu machen.
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